Schlichtung in der TVöD-Einkommensrunde angerufen
Wieso? Weshalb? Warum?
Nach drei Verhandlungsrunden in Potsdam haben Bund und Kommunen noch immer keinen akzeptablen Kompromiss vorgelegt (siehe Flugblatt zur Einkommensrunde TVöD 2023 Nr. 27). Ihr letztes „Angebot“ war die Mogelpackung aus der zweiten Runde. Seither hat es keine konkreten Fortschritte gegeben. Das damalige Angebot belief sich auf magere lineare 5 Prozent bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Trotzdem ist jetzt in vielen Medien von vermeintlich großzügigen Arbeitgeberangeboten die Rede. Das hat folgenden Hintergrund: Nicht gegenüber den Gewerkschaften, sondern erst gegenüber den Medien sind Bund und VKA zu großer Form aufgelaufen und haben konkrete Angebote in den Raum gestellt. Zuvor, in den Verhandlungen, war immer nur von „Denkmodellen“ die Rede. Diese waren aber weder verbindlich noch ausreichend. Im Nachgang die eigenen Gedankenspiele zu Angeboten aufzuhübschen, dient also vor allem der Selbstrechtfertigung.
Auf Grund einer massiven Erhöhung der Lebenshaltungskosten hatten die Gewerkschaften 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro, gefordert. „Nimmt man die Leistungen und Belastungen der Beschäftigten zur Grundlage, war und ist dies eine absolut vernünftige Forderung“, erläutert dbb Tarifchef Volker Geyer, „aber die Arbeitgeber haben sich auch in der zähen dritten Verhandlungsrunde nicht bewegt beziehungsweise für einige Bereiche des öffentlichen Dienstes sogar Gegenforderungen aufrechterhalten, die zum Beispiel die Funktionsfähigkeit von Krankenhäusern ernsthaft in Frage stellen. Deshalb haben die Gewerkschaften die Verhandlungen für gescheitert erklärt.“ Mittlerweile haben Bund und VKA die „Schlichtung angerufen“. Was bedeutet das im Detail?
Was ist eine Schlichtung?
Zwischen Tarifvertragsparteien stellt die Schlichtung den Versuch dar, tarifliche Streitigkeiten unter Beteiligung unabhängiger Dritter – der Schlichter – zu lösen. Die Tarifpartner können sich spontan zu einer Schlichtung verabreden. Im Bereich des TVöD ist es jedoch so, dass zwischen Bund, Kommunen, dbb und ver.di eine Schlichtungsvereinbarung besteht. In dieser sind konkrete Fristen und Abläufe für die Schlichtung festgelegt.
Wie läuft eine Schlichtung im Bereich des TVöD ab?
Voraussetzung für eine Schlichtung ist, dass die Verhandlungen von mindestens einer Partei für gescheitert erklärt worden sind. Dies haben die Gewerkschaften nach der erfolglosen dritten Verhandlungsrunde getan. Anschließend kann jede Partei innerhalb von 24 Stunden nach dieser Erklärung das Schlichtungsverfahren durch schriftliche Erklärung einleiten. Die Arbeitgeberseite hat inzwischen die Schlichtung angerufen. Sie beginnt am 6. April 2023 und muss im Laufe der darauffolgenden Kalenderwoche beendet sein.
Während der Schlichtung herrscht Friedenspflicht. Der Ort der Schlichtung bleibt möglichst geheim, um ein ruhiges Verhandeln zu garantieren. Dazu gehört auch, dass während der Schlichtung keinerlei Informationen über Sachstände nach außen dringen, um ein mögliches Ergebnis nicht zu gefährden. Bei diesem Ergebnis handelt es sich nicht um einen bindenden Abschluss, sondern um eine Empfehlung der Schlichter.
Wer nimmt an einer Schlichtung teil?
Es gibt zwei Schlichter. Gewerkschaften und Arbeitgeber benennen jeweils einen Schlichter. Auf Gewerkschaftsseite ist dies aktuell Henning Lühr, ehemaliger Staatsrat in Bremen. Die Arbeitgeber haben den ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt benannt. Diese beiden komplettieren die Schlichtungskommission, in die Gewerkschaften und Arbeitgeber jeweils zwölf Teilnehmende entsenden. In § 7 der Schlichtungsvereinbarung heißt es: „Die Schlichtungskommission hat ihre Beratungen mit dem Ziel zu führen, zu einer einstimmigen Einigungsempfehlung zu kommen.“ Sollte eine einstimmige Schlichtungsempfehlung nicht erreicht werden und bei einer Abstimmung über die Empfehlung ein Patt entstehen, hat der stimmberechtigte Schlichter die entscheidende Stimme. Die Schlichter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften wechseln sich dabei von Schlichtung zu Schlichtung ab. In der jetzt anstehenden Schlichtung wird der Schlichter der Gewerkschaften die entscheidende Stimme haben.
Wie geht es nach der Schlichtung weiter?
Der Schlichterspruch wird den Tarifvertragsparteien zugestellt. Danach müssen die Tarifverhandlungen wiederaufgenommen werden. Wird die Empfehlung der Schlichter dort von einer Partei abgelehnt, endet die Friedenspflicht. Aus heutiger Sicht würde der dbb dann eine Urabstimmung einleiten. Dabei werden die Mitglieder gefragt, ob sie bereit sind, für ein besseres Angebot in einen unbefristeten Streik zu treten.
Wie schätzt der dbb die Situation ein?
dbb Tarifchef Volker Geyer, der die dbb Delegation in der Schlichtung anführen wird, sieht die Schlichtung durchaus als Chance, „allerdings nur, wenn dort nicht Beton angerührt wird. Schlichtungen im öffentlichen Dienst hat es immer wieder gegeben, sie stellen eine Chance dar, verfahrene Situationen aufzulösen.“ Die letzte Schlichtung für den gesamten TVöD-Bereich fand im Februar 2010 statt. Danach gab es im Juni 2015 noch eine Schlichtung im Zusammenhang mit SuE-Verhandlungen. Geyer weiter: „Ich traue beiden Schlichtern einiges zu, aber hexen können auch sie nicht. Die beiden wesentlichen Fragen müssen beantwortet werden: Wie wird der effektive Ausgleich der inflationsbedingten Belastungen der Beschäftigten sichergestellt und wie wird die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gewährleistet und mit qualifiziertem Personal organisiert?“
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Sonderseite unter: www.dbb.de/einkommensrunde.
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